Binas Blog

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Die ungeschminkte Wahrheit – ein Selbstversuch September 11, 2010

Filed under: Aus meinem Alltag — Bina @ 10:34 pm
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Es gibt Frauen, die sehen ungeschminkt gut aus (das ist selten). Dann gibt es Frauen, die sehen mit etwas Farbe im Gesicht einen Hauch besser aus. Und dann gibt es noch Frauen, die sollten ohne Tönungscreme, Lidschatten und Wimperntusche nicht zwingend das Haus verlassen. Ich gehöre leider zur letzten Kategorie. Und so bedeutete es für mich ein echtes Wagnis – andere gehen vielleicht campen oder touren mit dem Rucksack trotz Spinnenphobie durch Australien – ich aber ging drei Wochen ohne geliebtes Make-up vor die Tür. Ein wahres Abenteuer.

Ich hätte Strichliste führen sollen, wie oft mein blasses, wenig markantes Gesicht die Aufmerksamkeit meiner Kollegen, Freunde und Familienmitglieder auf sich zog. Schade, verpasst, aber ich hätte wohl einen ganzen Collegeblock gebraucht. Unwohl fühlte ich mich  am ersten Tag, schutzlos, hilflos, klein, ausgeliefert – und vor allem nackt. Ich spürte die Blicke, hörte die bohrenden Fragen. „Du siehst komisch aus, was ist los?“, preschte es mir entgegen, und ich wollte mein kalkiges Antlitz am liebsten verhüllen. „Ich trage kein Make-up“, antworte ich gespielt selbstbewusst. „Hm. Hat was von einem umgestülpten Panda“, antwortete die Kollegin, um gleich darauf festzustellen: „Das wirkt so unschuldig. Als wärst du zwölf. Ist das ne Masche?“ Oh ja, na klar, ich versuche gezielt die Unschuldsnummer. Immerhin, sie scheint nicht ganz Unrecht zu haben. „Hey, da bist ja jetzt auch schon 25, oder? Wie die Zeit vergeht“, sagt mir ein anderer Kollege und macht mich damit gleich mal drei Jahre jünger. Weniger charmant fiel eine weitere Bemerkung aus: „Bist du krank? Können wir was für dich tun?“

Die nächsten Tage gewöhne ich mich an ausdruckslose, kleine Augen und fahle Gesichtshaut. Habe ich zu Beginn noch peinlich berührt zum Drucker geguckt, wenn mich jemand  im Kopierraum ansprach, fange ich so langsam an, mich an mein neues Ich zu gewöhnen. Blonde Haare passen doch ohnehin viel besser zu nobler Blässe und hey, wie wäre es mit einem rosa Oberteil, um das Farbspiel perfekt zu machen? Ich arrangiere mich mit dem neuen Look, beantworte weiterhin brav löchernde Fragen und rede mir ein, dass es ohnehin auf die inneren Werte ankommt. Mein Freund gibt sein Bestes, indem er die kleinen Maulwurfs-Augen als „furchtbar süß“ bezeichnet und ich fühle mich bestärkt, als ich Daniela Katzenberger bei Vox ungeschminkt nach dem Aufwachen sehe (puuh, also so schlimm ists bei mir dann doch nicht).

Nach zwei Wochen hab ich „Bina ohne Paste“ im Gehirn abgespeichert und frage mich nicht mehr, wer die fremde Person im Spiegel ist. Ich werde erst wieder mit dem leidlichen Thema konfrontiert, wenn mich jemand aus dem Bekanntenkreis zum „ersten“ Mal sieht: „Was ist denn mit dir passiert? Neue Brille, neues Make-up, krank?“ …Ich kanns nicht mehr hören. Außerdem bin ich neidisch. Neidisch auf die zwei Prozent aller Frauen, die schon morgens nach dem Aufwachen gut aussehen. Deren Wimpern man sieht, auch wenn sie nicht angetuscht sind. Die einen wohligen, gesunden Teint haben, obwohl sie nicht den Rouge-Pinsel geschwungen haben. Warum ist das bei mir nicht so?

Allerdings sollte ich nicht maulen. Mein Liebster sagt, morgens sehe ich am niedlichsten aus. Und der muss es ja wissen. Natur pur also… Eine Option? Nein! Ich freue mich darüber, dass mein „Experiment“ nun bald ein Ende hat. Ich bin heiß auf große Augen und gebräunte Haut – ich kann es kaum erwarten. Ich will mein Schutzschild wiederhaben, meinen Kampfanzug. Paste marsch!